Ratgeber
Übersteigen schwere Lasten die menschliche Kraft, sind Hebezeuge gefragt. Dabei handelt es sich um technische Vorrichtungen, die es ermöglichen, die Gesetze der Physik zu nutzen und die Gewichtskraft bestmöglich zu verteilen. Ein Beispiel dafür ist der Flaschenzug. In unserem Ratgeber erfahren Sie, welche Möglichkeiten moderne Flaschenzüge bieten und worauf bei der Auswahl zu achten ist.
Flaschenzüge bilden eine Untergruppe der Hebezeuge. Sie ermöglichen es, eine Last anzuheben, über dem Boden zu halten und gezielt wieder abzusetzen. Ist ein Schwenkarm integriert, kann die Last in angehobenem Zustand bewegt und an einem anderen Zielort abgesenkt werden. Der vom Menschen aufzubringende Kraftaufwand ist mit solchen Geräten vergleichsweise gering. Es können sogar Lasten mit einem Gewicht von mehreren Tonnen bewegt werden. Fahrbare Modelle erlauben zudem den Transport über weitere Strecken.
Bei Flaschenzügen handelt es sich im Wesentlichen um eine Konstruktion bestehend aus losen und festen Rollen. Die Last wird meist mithilfe von Haken befestigt und mit tragenden Seilstücken oder Ketten bewegt. Bei komplexer aufgebauten Flaschenzügen sind die Rollen mittels Scheren in Blöcken zusammengefasst. Mit dem technischen Fortschritt erweiterten sich auch die Möglichkeiten der Flaschenzüge. Manuell betriebene Modelle werden nach wie vor genutzt, in der Industrie setzt man jedoch vermehrt auf elektrische Seilzüge.
Die Hauptbestandteile eines Flaschenzugs sind Rollen und Seile. Hinzu kommen die namensgebenden Flaschen. Wir geben einen Überblick.
1. Flaschen
Die sogenannten Flaschen sind die Halterungen der Rollen. Sie waren in früheren Jahrhunderten aus einem Stück Hartholz gearbeitet. In der modernen Technik spricht man von Scheren. Sie besitzen einen flachen Teil, der als Wange oder Backe bezeichnet wird, und einen zwischen den Rollen verlaufenden Damm.
2. Rollen
Die Rollen übernehmen die Arbeit des Gleitens beim Hochziehen oder bei der Umlenkung der Kraft. Für Letzteres ist die oberste Rolle verantwortlich, weshalb sie als Umlenkrolle bezeichnet wird. Dabei entsteht eine Reibung mit dem Seil, was bei der Berechnung der Zugkraft beachtet werden muss. Ab dem 18. Jahrhundert nannte man die Rollen auch Flaschen oder Scheiben, was von der Arbeit mit Bandwebmaschinen herrührte.
3. Seile
Zu früheren Zeiten wurden Seile aus Naturfasern verwendet, die möglichst reißfest sein mussten. Heute gibt es eine Vielzahl an Materialien, die für die Herstellung von Seilen genutzt werden können. So kommen neben synthetischen Fasern auch Flach- oder Schlauchbänder sowie Stahlseile zum Einsatz. An einem Seilende wird das Gewicht befestigt, am anderen Ende kann der Seilzug über eine Winde manuell oder elektronisch betätigt werden.
Wie das Heben mit einem Flaschenzug funktioniert, lässt sich mit einem Exkurs in die Mechanik erklären. Hier gilt der Grundsatz, dass man Kraft spart, wenn der Weg verlängert wird. Dabei handelt es sich um die Goldene Regel der Mechanik. Sie wurde von Galileo Galilei formuliert.
Die Anzahl der Seile und Rollen variiert je nach benötigter Dynamik. Wichtig für das Verständnis des Funktionsprinzips ist die Unterteilung in feste und lose Rollen.
Arbeit mit festen Rollen
Ein einfacher Flaschenzug verfügt über eine feste Rolle. Sie kann beispielsweise an einer Decke verankert sein und bewegt sich nicht. Um die Rolle herum wird ein Seil gelegt, an dessen einem Ende über Vorrichtungen wie Lasthaken der zu hebende Gegenstand befestigt wird. Sein Gewicht wird über die Zugkraft angehoben, die am anderen Seilende aufgebracht wird.
Im Grunde beruht der Hebevorgang nur auf der Umlenkrolle. Eine messbare Kraftersparnis tritt nicht auf, da lediglich die Zugrichtung beeinflusst wird. Dennoch kann ein solcher Seilzug notwendig sein, wenn die Kraft ausschließlich in einer anderen Richtung entwickelt werden kann. Räumliche Gegebenheiten können dies vorgeben.
Arbeit mit losen Rollen
Hier liegen die Rollen in der Seilführung. Es ist also das Seil, das die Rollen trägt. Gemäß den Regeln der Physik wird die Kraft zu gleichen Teilen von beiden Seiten des Seils getragen. In der Praxis bedeutet das, dass eine Gewichtskraft mit der halben Kraft gehoben werden kann.
Bei halbierter Kraft ist jedoch der Zugweg entsprechend länger. Auf der Gegenseite muss zweimal so lange am Seil gezogen werden, um dieselbe Hubhöhe zu erreichen. Dieses Prinzip kann erweitert werden, so dass beispielsweise Konstruktionen aus einer festen und drei losen Rollen die notwendige Zugkraft auf ein Viertel senken. Die goldene Regel der Mechanik muss jedoch bedacht werden, d.h. der Zugweg vergrößert sich immer weiter.
Der mit Abstand bekannteste Einsatzbereich von Flaschenzügen ist der Kran. Kräne werden vorrangig in der Bauindustrie genutzt, um beispielsweise Brücken oder Häuser zu errichten. Darüber hinaus finden Flaschenzüge in der Transportindustrie Anwendung. Durch die Zusammenarbeit von Seilrolle und Seilwinde ist es möglich, selbst Gegenstände mit sehr hoher Gewichtskraft zu bewegen.
Größere Flaschenzüge finden sich ferner im Maschinenbau, im Kfz-Bereich und in der Bahntechnik. Sie werden beispielsweise dazu genutzt, Motoren ein- und auszubauen oder Zugelemente zu verlagern. Weitere Einsatzbereiche sind die Veranstaltungstechnik und die Umzugsbranche. Wer schwere Möbel in höhere Etagen transportieren möchte, kann sich die Arbeit durch den Gebrauch entsprechender Kleinkräne erleichtern. Apropos klein: Flaschenzüge im kleineren Format werden auch bei Renovierungsarbeiten genutzt.
Ein Flaschenzug muss in erster Linie eine ausreichend hohe Tragkraft aufweisen. Während manche Ausführungen Lasten von einigen 100 Kilogramm heben können, sind andere in der Lage, 1000 Kilogramm oder sogar mehr zu stemmen. Relevant ist zudem die Länge des Seils. Hiervon hängt ab, bis zu welcher Höhe eine Last angehoben werden kann. Übrigens gibt es nicht nur Flaschenzüge mit Seilen, sondern auch Modelle, die mit Ketten arbeiten. Diese sind meist stabiler als Seile und können dadurch für höhere Traglasten verwendet werden. Kettenflaschenzüge eignen sich außerdem gut für den Einsatz in Umgebungen, in denen mit Chemikalien und vergleichbaren Stoffen gearbeitet wird, da sich Ketten als langlebiger erweisen.
Die Anzahl der Rollen (feste Umlenkrollen und lose Rollen) und die Anzahl der tragenden Seile haben Einfluss darauf, wie groß die Hebelwirkung ist und wie viel weniger Zugkraft aufgewendet werden muss, um eine Last zu heben. Allerdings nimmt mit der Anzahl der Rollen die Länge des Zugwegs zu. Hier gilt es also, einen guten Kompromiss aus Reduzierung der Zugkraft und Verlängerung des Zugwegs zu finden.
Neben mechanischen Flaschenzügen gibt es elektrische Flaschenzüge, die mehr Komfort bieten, da die Kraft für das Heben und Bewegen der Lasten nicht manuell aufgebracht werden muss. Zusätzlich ermöglichen sie ein schnelleres Arbeiten, weil die Lasten dank elektrischem Antrieb mit höherer Geschwindigkeit gehoben und durch die Gegend bewegt werden können. Noch dazu punkten sie mit erhöhter Präzision bei der Bewegung der Last. Der Haken: Elektrische Flaschenzüge sind teurer als mechanische, setzen eine stetige Stromzufuhr voraus und müssen häufiger gewartet werden.
Achten Sie beim Kauf eines Flaschenzugs auch auf die verwendeten Materialien und deren Qualität. Stabilität ist ein entscheidender Faktor, wenn es darum geht, schwere Objekte zu heben und zu bewegen.
Gerade dann, wenn ein Flaschenzug sehr schwere Lasten heben soll, ist es wichtig, dass Sie ihn an einer Struktur befestigen, die sich durch eine hohe Stabilität auszeichnet und das Gewicht der Last tragen kann. Ein Betonpfosten oder ein Balken aus Stahl eignen sich dafür gut. Auch muss der Flaschenzug sicher fixiert werden, um Unfällen vorzubeugen.
Wann und von wem wurde der Flaschenzug erfunden?
Vereinzelt liest man, dass der Flaschenzug um 250 v. Chr. vom griechischen Physiker Archimedes erfunden worden sein soll. Allerdings trifft das vermutlich nur auf den zusammengesetzten Flaschenzug zu. Das Verständnis der Hebelgesetze entstand schon weitaus früher. Wie eine Kraftminderung durch Seile und Rollen erzielt werden kann, wurde bereits 970 v. Chr. in einem Relief dargestellt.
Wie berechnet man Zugweg und Zugkraft?
Um den Zugweg zu errechnen, multiplizieren Sie die Anzahl der tragenden Seile mit der Höhe, um welche die Last angehoben werden soll. Zur Berechnung der Zugkraft wiederum dividieren Sie die Gewichtskraft des zu hebenden Gegenstands durch die Anzahl der tragenden Seile.