Ratgeber
Überspannungen sind kurze Spitzen oder Störungen in einer Stromwellenform. Diese plötzliche Hochspannung liegt über der Spannungsgrenze, für die der Stromkreis ausgelegt ist. Sie können daher elektronische oder elektrische Geräte beschädigen, beeinträchtigen oder sogar zerstören. Abhilfe bringen spezifische Schutzgeräte wie Überspannungsableiter. Wie diese funktionieren, welche Typen und Bauformen es gibt und worauf bei der Installation zu achten ist, das erfahren Sie in unserem Ratgeber.
Was ist ein Überspannungsableiter?
Ein Überspannungsableiter wird in elektrischen Systemen verwendet und schützt sie vor Schäden durch Überspannungen. Als Ursachen kommen sowohl Blitzschläge als auch Schaltvorgänge oder andere elektrische Störungen in Frage. Seine Hauptfunktion ist das Ableiten von Überspannungen, indem er einen niederohmigen Pfad für den überschüssigen Strom bietet. Dies geschieht typischerweise durch ein nichtlineares Bauelement, das bei einer bestimmten Spannung den Strom ableitet.
Durch die Ableitung sind elektrische Geräte und Systeme vor Beschädigungen geschützt. Das gilt besonders für empfindlichen elektronischen Anlagen wie Computer, Telekommunikationssysteme und industrielle Steuerungen. Nach der Ableitung der Überspannung kehrt der Überspannungsableiter in seinen normalen, nichtleitenden Zustand zurück, der normale Betrieb des Systems wird nicht beeinträchtigt.
Der Überspannungsschutz funktioniert, indem er übermäßige elektrische Spannungen von empfindlichen Geräten und Systemen fernhält und diese Spannungen sicher ableitet. Dazu nutzt er einen bestimmten Schwellenwert, der deutlich höher über der normalen Betriebsspannung liegt. Während der Ableitung wird die Spannung auf einen Pegel begrenzt, der für die angeschlossenen Geräte unschädlich ist. Das wird als Spannungsbegrenzung bezeichnet. Nach dem Abklingen der Überspannung kehrt das Schutzgerät in seinen ursprünglichen Zustand zurück.
Typen und Bauformen von Überspannungsableitern
Überspannungsableiter gibt es in verschiedenen Typen und Bauformen, entwickelt für bestimmte Anwendungen und Schutzanforderungen. Die wichtigsten Typen sind Varistoren, Gasentladungsröhren, Funkenstrecken und TVS-Dioden.
Varistoren bestehen aus Metalloxidmaterialien, die ihren Widerstand stark verringern, wenn eine hohe Spannung anliegt. Sie absorbieren und leiten den Überspannungsstrom ab, während sie gleichzeitig die Spannung begrenzen.
Gasentladungsröhren sind mit einem Gas gefüllt, das bei hohen Spannungen ionisiert wird und einen leitenden Pfad bildet. Das Gas leitet den Strom ab und kehrt nach der Entladung in den nicht leitenden Zustand zurück.
Funkenstrecken bestehen aus zwei Elektroden, getrennt durch eine kleine Luftlücke. Bei hohen Spannungen entsteht ein Funkenüberschlag, der den Strom ableitet. Nach der Überspannung erlischt der Funken, die Ableitung ist unterbrochen.
Transient Voltage Suppression- oder kurz TVS-Dioden sind spezielle Halbleiterdioden und arbeiten ähnlich wie Varistoren: Sie werden bei einer bestimmten Spannungsgrenze leitend und übertragen die Überspannung zu Erde. Sie reagieren sehr schnell und bieten einen effektiven Schutz speziell vor kurzen, hochfrequenten Spannungsspitzen.
Unterscheiden lassen sich Überspannungsableiter nicht nur hinsichtlich ihrer Technologie, sondern auch nach ihren Einsatzkategorien. Maßgeblich ist hier die Norm IEC/EN 61643-11.
Typ 1 steht für den Grobschutz vor direkten Blitzeinschlägen oder Überspannungen durch Blitzströme. Einsatzorte sind hauptsächlich Gebäude mit äußerem Blitzschutz. Dieser Typ kann sehr hohe Energieableitungen bis zu mehreren 10 Kiloampere. Ein Ableiter vom Typ 2 bieten Mittelschutz, das heißt, er schützt vor Überspannungen, die durch Schaltvorgänge oder indirekte Blitzeinschläge verursacht werden. Zu finden ist er überwiegend in Unterverteilungen und Hauptverteilungen ohne direkten Blitzschutz. Typ 3 schließlich steht für Feinschutz. Dieser Ableiter schützt empfindliche elektronische Geräte vor Überspannungen. Er ist häufig Bestandteil von Endgeräten oder von Steckdosenleisten mit integriertem Überspannungsschutz.
Welcher Überspannungsschutz ist Pflicht?
In vielen Ländern gibt es Vorschriften und Normen, die den Einsatz von Überspannungsschutzgeräten in bestimmten Situationen verpflichtend machen. Diese Vorschriften sind darauf ausgelegt, Personen, Gebäude und elektrische Geräte vor den Schäden zu schützen, die durch Überspannungen entstehen können.
In der Europäische Union und damit in Deutschland sind die Vorschriften für den Überspannungsschutz hauptsächlich in den Normen DIN VDE 0100-443 und DIN VDE 0100-534 geregelt. Sie spezifizieren, wann und wie Überspannungsschutzmaßnahmen getroffen werden müssen. So wird in Wohngebäuden der Einsatz von Überspannungsschutzgeräten immer mehr zum Standard, insbesondere in Neubauten oder bei umfangreichen Renovierungen. In industriellen und gewerblichen Umgebungen sind Überspannungsschutzmaßnahmen häufig vorgeschrieben, um teure und empfindliche Ausrüstung zu schützen und Ausfallzeiten zu minimieren.
Wo ist ein Überspannungsableiter einzubauen?
Der Einbau von Überspannungsableitern erfolgt an strategischen Punkten innerhalb einer elektrischen Stromversorgung. Die genaue Platzierung variiert allerdings je nach Art des Gebäudes, der elektrischen Installation und den spezifischen Anforderungen. So wird der primäre Überspannungsschutz vom Typ 1 oder in Form eines Kombiableiters aus Typ 1 und Typ 2 direkt an der Hauptverteilung installiert, üblicherweise zwischen dem Hauptstromversorgungseingang und dem Verteiler im Zählerschrank.
Sekundäre Überspannungsschutzgeräte vom Typ 2 sind dagegen in den Zählerschränken der Unterverteilungen – oft zusammen mit Leitungsschutzschaltern – zu installieren, um den Schutz weiter in das interne Netz des Gebäudes zu verteilen. Wichtig ist das besonders in großen Gebäuden oder Anlagen, in denen die Hauptverteilung weit von den Endgeräten entfernt ist.
Empfindliche Endgeräte wie Computer, Fernseher, Hi-Fi-Anlagen und andere elektronischen lassen sich durch Ableiter des Typs 3 schützen. Sie sind häufig direkt in Steckdosenleisten integriert und bieten zusätzlichen Schutz für einzelne Geräte. Überspannungsschutz ist aber auch für Telekommunikations- und Datenleitungen wichtig. Es gibt spezielle Ableiter für Telefon-, Netzwerk- und Antennenleitungen für den Anschluss an den Eingängen dieser Leitungen.
Wichtig: Ein effektives Erdungs- und Potentialausgleichssystem ist entscheidend für die Wirksamkeit von Überspannungsschutzgeräten. Alle Metallteile und elektrischen Systeme sollten ordnungsgemäß geerdet sein, nur so lassen sich Überspannungen sicher ableiten.
Welcher Überspannungsschutz ist für eine PV-Anlage sinnvoll?
Für eine Photovoltaik-Anlage ist ein mehrstufiger Überspannungsschutz erforderlich, der sowohl die DC- als auch die AC-Seite abdeckt. Damit ist der Schutz der Solarmodule, des Wechselrichters und der gesamten elektrischen Installation gegen Überspannungen durch Blitzeinschläge oder Schaltvorgänge gewährleistet. Die Verwendung von Überspannungsschutzgeräten der Typen 1 und 2 sowie eine ordnungsgemäße Erdung und ein Potentialausgleich sind dabei entscheidend.