Ratgeber
Man findet sie in Spielzeugen, Autos, Aufzügen, Robotern und Bearbeitungsmaschinen. Gleichstrommotoren sind in der Antriebstechnik seit vielen Jahrzehnten nicht mehr wegzudenken.
In unserem Ratgeber lesen Sie, wie Gleichstrommotoren funktionieren, welche Typen es gibt und worauf bei der Beschaffung zu achten ist.
Grundlegendes Prinzip jedes Elektromotors ist die Umwandlung elektrischer Energie in mechanische Energie durch eine sich in Magnetfeldern drehende Welle. Im einfachsten Fall steckt auf dieser Welle ein Rotor genannter Doppel-T-Anker mit jeweils einer Spule. Diese Konstruktion sitzt in einem U-förmigen oder runden Dauermagneten, dem Stator. Fließt Gleichstrom durch die Ankerspulen, entstehen in jedem der beiden gegenüberliegenden Ankerteile Magnetfelder, die sie – je nach Position und Flussrichtung des Stroms – entweder von den nahen Magnetpolen abstoßen oder anziehen.
Damit die beginnende Rotation nicht schon nach einer halben Umdrehung stoppt, wird durch einen an der Welle befestigten Strom- oder Polwender – dem Kommutator – die Flussrichtung des Stroms in den Spulen und damit die Polarität ihrer Magnetfelder ständig umgekehrt. Wenn das Magnetfeld der Pole gleich bliebe, würde sich der Rotor nicht drehen.
Neben Gleichstrommotoren mit lediglich einem zweipoligen Doppel-T-Anker gibt es auch Motoren mit mehreren Ankern. Vorteil: Sie starten leichter, da die Überwindung des „Totpunkts“ beim zweipoligen Anker weniger Energie benötigt.
Beim klassischen Gleichstrommotor arbeitet der Polwender mit per Federdruck aliegenden Kontakten, die als Bürsten bezeichnet werden. Sie bestehen aus weichem und leitfähigem Material wie Kohle und drücken gegen die Gleitfläche des Wenders. Wesentlicher Vorteil dieses Konstruktionsprinzips sind die große Regelbarkeit der Leitung durch angelegte Betriebsspannung sowie ein sehr hoher Wirkungsgrad. Nachteilig ist der Verschleiß bei Bürsten und Kontaktfläche durch den mechanischen Druck, der sich allerdings durch den Einsatz moderner Materialen relativiert.
Im Handel sind einige verschiedene Varianten von Gleichstrommotoren erhältlich, die sich durch den Anschluss an den Anker oder beim Kummutator unterscheiden:
Getriebe-Motor
Einige Elektromotoren sind bereits werksseitig mit einem Getriebe ausgestattet. Damit wird die ursprüngliche Drehzahl des Motors je nach Ausführung auf einen definierten Wert herabgesetzt, beispielsweise 420, 70 oder 14 Umdrehungen pro Minute.
Bürstenloser Gleichstrommotor
Bürstenlose Gleichstrommotoren sind auch als elektronisch kommutierte Motoren oder synchrone Gleichstrommotoren bekannt. Wesentlicher Unterschied zum Bürsten-Motor: Es fehlt der mechanische Polwender. Stattdessen misst ein elektronischer Sensor ständig den Winkel des Rotors. Das Sensorsignal steuert einen Halbleiterschalter, der entweder die Stromrichtung umkehrt oder den Strom zum richtigen Zeitpunkt während der Drehung abschaltet, um ein Drehmoment in einer Richtung zu erzeugen.
Nebenschluss-Motor
Beim Gleichstrom-Nebenschlussmotor sind die Ankerspulen parallel geschaltet. Sie sind für Anwendungen gedacht, die ein konstantes Drehmoment erfordern und bei denen die Last nicht wesentlich durch die Geschwindigkeit verändert wird. Dazu gehören beispielsweise Förderbänder, Mischer und Hebezeuge. Der Drehzahlunterschied zwischen Leerlauf und Volllast beträgt nur etwa fünf bis zehn Prozent.
Doppelschluss-Motor
Dieser Elektromotor kombiniert beide Antriebsarten und verfügt sowohl über Nebenschluss- als auch Reihenschluss-Funktionalität.
Reihenschluss-Motor
Der Hauptunterschied zwischen dem Nebenschluss- und dem Reihenschlussmotor besteht darin, dass die Spulen in Reihe geschaltet sind. Das bedeutet: Der gesamte Ankerstrom fließt in die Spulen, wodurch wesentlich höhere Drehzahlen erreicht werden können. Da sich die Versorgungsspannung nicht einstellen lässt, ist bei diesen Gleichstrommotoren die Drehzahl nicht besonders gut regulierbar. Dies ist zwar für einige Anwendungen ein Problem, macht diese Motoren jedoch besonders nützlich für Aufgaben, die ein hohes Anlaufmoment erfordern, wie zum Beispiel Elektrowerkzeuge und Nähmaschinen.
Die wichtigsten Parameter für die Beschaffung von Gleichstrommotoren sind der Nennstrom, die Nennspannung, die Nenndrehzahl und der Nenndrehmoment. Hierzu kommen noch der Aufbau, die Baugröße sowie die Schutzklasse.
Beim Nennstrom reicht die Bandbreite von 0,13 Ampere bis zu 20 Ampere, die Nennspannung beginnt bei 1,5 Volt und endet bei 48 Volt. Die Nenndrehzahl ist abhängig davon, ob der Motor werkeitig mit einem Getriebe ausgerüstet ist. So lässt sich bei Drehzahlen oberhalb von etwa 1000 Umdrehungen pro Minute von einem integrierten Getriebe ausgehen, der kleinste Wert beträgt hier 8,4 Umdrehungen pro Minute. Ohne Getriebe können Gleichstrommotoren Drehzahlen bis zu 18.000 Umdrehungen pro Minute erreichen.
Das Nenndrehmoment ist für den industriellen Einsatz eines Elektromotors mit der wichtigste Parameter. Denn es bestimmt bei Antriebswellen zusammen mit der Drehzahl die übertragbare Leistung. Gemessen wird das Drehmoment in Newtonmeter, in der Praxis abgekürzt mit Nm. Bei einigen sehr kleinen Motoren wird das Drehmoment auch in Newtonmillimeter (Nmm) angegeben, was einem Tausendstel Newtonmeter entspricht. Gängige Drehmomente für Gleichstrommotoren liegen zwischen 0,03 und 720 Newtonmeter.
Neben den elektrischen und mechanischen Kenngrößen spielen bei der Beschaffung natürlich auch die Baugröße, die Lage und Art der Montagepunkte sowie der Wellendurchmesser eine bedeutende Rolle. Soll der Motor widrigen Umwelteinflüssen wie Feuchtigkeit oder Staub ausgesetzt werden, ist auch die Schutzart zu beachten. Sie wird durch IP-Werte definiert, wobei die erste Ziffer den Schutz gegen Fremdkörper und Berührung, die zweite Ziffer den Schutz gegen Wasser beschreibt.
Die 4 in der Schutzart IP 40 steht demnach für „Geschützt gegen feste Fremdkörper mit einem Durchmesser von einem Millimeter oder mehr“ und „Geschützt gegen den Zugang mit einem Draht“. Die 0 wiederum attestiert einem Gerät mit dieser Schutzart keinerlei Schutz gegen Wasser. Anders sieht es bei der häufig anzutreffenden Schutzart IP53 aus: Die 5 bezeichnet den „Schutz gegen Staub in schädigender Menge“, die 3 den „Schutz gegen fallendes Sprühwasser bis 60 Grad gegen die Senkrechte“.
FAQ – häufig gestellte Fragen
Muss ein Elektromotor im Betrieb gekühlt werden?
Wie jede elektrische Maschine setzt auch ein Gleichstrommotor die zugeführt Energie teilweise in Wärme um. Dies gilt besonders für Motoren mit hoher Drehzahl und hohem Drehmoment. Eine der am häufigsten verwendeten Kühlmethoden ist das Aufstecken einer Ventilatorscheibe auf die Antriebswelle. Der Durchmesser der Scheibe muss dabei so gewählt werden, dass der erzeugte Luftstrom möglichst allseitig das Motorgehäuse umschließt.
Gibt es für Bürsten-Elektromotoren eine „Einlauf-Prozedur“?
Ja, die gibt es. Gleichstrommotoren mit Bürsten sollten vor dem industriellen Einsatz für einige Minuten mit behutsam zunehmender Leistung betrieben werden. Grund: Die Bürsten und der Polwender müssen sich einander anpassen, die geschieht am besten durch langsames Steigern der Drehzahl.