Smart Home Software » So vernetzt du verschiedene Hersteller Systeme
Veröffentlicht: 29.10.2021 | Lesedauer: 11 Minuten
Sehr häufig kommt man beim Aufbau seines Smart Home an die Grenze bei der Verfügbarkeit der Komponenten innerhalb eines Systems. So decken zwar führende Systeme wie Homematic IP oder KNX einen Großteil der Möglichkeiten wie Rollläden, Licht und Wetter ab, jedoch fehlt dann beispielsweise die Verbindung zum Mähroboter, den Außenkameras oder der Heizungsanlagen Steuerung.
Eine der größten Herausforderungen beim Aufbau eines Smart Home ist daher die Vernetzung unterschiedlichster Hersteller und deren Systeme. Auch mit der Integration von Wetter, Spritpreisen oder dem Kalender lässt sich so das smarte Zuhause noch leichter und individueller auf die eigenen Bedürfnisse anpassen.
Die Vernetzung unterschiedlichster Systeme zur plattformübergreifenden Hausautomatisierung ist aufgrund stetiger Weiterentwicklung einfachst möglich und unterscheidet sich in folgenden Möglichkeiten:
Am anwenderfreundlichsten und ohne die Anschaffung von zusätzlicher Hardware klappt die Vernetzung über internetbasierte Dienste. Die Smart Home Zentralen (welche je nach Hersteller entweder Bridge, Hub oder Gateway genannt wird) werden dabei online mit dem Dienst verbunden.
Vorteile:
✓ Keine zusätzliche Hardware erforderlich
✓ Einfache Verbindung von Diensten
✓ Gute Auswahl an Smart Home Systemen
Nachteile:
✗ Internetverbindung immer zwingend erforderlich
✗ Keine große Anbieterauswahl
✗ Datenweitergabe und Austausch über externen Dienst
Smart Home Cloud Dienste im Überblick
Automatisierungs Cloud Dienstleister wie integromat.com, zapir.com oder n8n.io fokussieren sich bei der Vernetzung meist auf Kommunikationsdienste.
Darum gibt es leider nur einen nennenswerten Dienst, der viele Smart Home Systeme online untereinander verknüpfen lässt und per Weboberfläche im Browser zu öffnen ist:
IFTTT
Mittels IF This Then That (IFTTT) können einfache Wenn, dann Regeln erstellt werden.
Durch einen Trigger (“IF”) lassen sich dann automatisch Konsequenzen ableiten, die umgesetzt werden. Diese zweidimensionalität schränkt in der Praxis ein und somit komplizierte Abhandlungen daher kaum möglich sind.
So verfügt IFTTT über ein sehr umfangreiches Portfolio an Verknüpfungsmöglichkeiten namhafter Hersteller. So sind große Systeme von internationalen Herstellern wie Philips Hue, Bosch EasyControl, Netatmo, (Google) Nest, Tadoº oder Nuki leicht anbindbar.
Leider gibt es jedoch bei vielen, in Europa beliebten Systemen, wie beispielsweise Homematic IP keine direkte, einfache Verbindung. Auch bei Shelly und Doorbird ist nur eine komplizierte über API und Webhook realisierbare Anbindung möglich.
Eine kleine aber sehr interessante Alternative zu IFTTT kommt aus dem deutschen Raum:
iHaus App
Die Anwendung iHaus ist ausschließlich als App verfügbar und versteht sich eher als Zentrale für dein Zuhause vom Smartphone aus. Damit lassen sich individuelle Szenen erstellen, die auch mehrdimensionale Abhandlungen ermöglichen. Dies und die Möglichkeit sein Smartphone oder Tablet als Steuerzentrale systemübergreifend im Smart Home zu verwandeln unterscheidet sich somit von IFTTT maßgeblich.
Auch die Vernetzungsmöglichkeiten können sich sehen lassen und fokussieren sich auf den europäischen Markt. Somit sind neben den bekannten großen Herstellern wie Philips Hue, Netatmo, (Google) Nest und Nuki auch Gardena, Homematic IP (über CCU3), eKey und auch die gesamte Home Connect Gruppe mit Siemens, Bosch und NEFF Haushaltsgeräten direkt verknüpfbar.
Die jedoch größte Besonderheit ist KNX nativ zu verknüpfen und in die App zu integrieren. Dies ist dann kostenpflichtig.
Sprachassistenten als Smart Home Hub
Wer einen smarten Lautsprecher besitzt oder gerne Siri, Alexa oder Hey Google auch über’s Smartphone nutzt, der sollte über eine Integration seiner Smart Home Systeme in den Sprachassistenten nachdenken.
Der Vorteil liegt klar auf der Hand: einfache und komfortable Steuerung per Sprache!
Vorteile:
✓ Einfache Verbindung von Diensten
✓ Komfortable Steuerung per Sprache und/oder App
Nachteile:
✗ Internetverbindung immer zwingend erforderlich
✗ Hardware wie Smart Speaker empfehlenswert
✗ Datenweitergabe und Austausch über externen Dienst
Überblick der Smart Home Hub Sprachassistenten
Mittlerweile haben sich der Apple HomePod, Google Assistant und Amazon Alexa zu den beliebtesten Assistenten Systemen entwickelt. Hingegen spielen Microsoft Cortana und Samsung Bixby eine untergeordnete Rolle.
Diese drei Assistenten lassen sich auch einfach über die jeweilige App mit vielen Smarthome Herstellern verknüpfen. Nachfolgende Tabelle soll einen kurzen Überblick der Kompatibilität verschaffen:
System | Apple HomeKit | Google Assistant | Amazon Alexa |
---|---|---|---|
Philips Hue | ✓ | ✓ | ✓ |
Homematic IP Access Point | ✓ | ✓ | ✓ |
Homematic IP CCU | über THKL | ✗ | über Cloudmatic |
Shelly | ✓ | ✓ | ✓ |
Bosch Smart Home | ✓ | ✓ | ✓ |
Netatmo | ✓ | ✓ | ✓ |
Google Nest | ✗ | ✓ | ✓ |
Doorbird | ✗ | ✗ | ✗ |
tado° | ✓ | ✓ | ✓ |
Nuki | ✓ | ✓ | ✓ |
Magenta Smart Home | ✗ | ✓ | ✓ |
Sicherlich ist die Verknüpfung und Steuerung von Rollläden, Licht und Thermostaten nur eine von vielen Möglichkeiten, die smarte Assistenzsysteme heutzutage bieten.
Interessant und besonders ist hier die Apple Homekit App, mit der sich auch Automatisierungen mit Abhängigkeitsbedingungen sehr einfach realisieren lassen. Das ist wirklich smart und bietet auch eine herstellerunabhängige Vernetzung im Smart Home.
Software Lösungen für zuhause: Smart Home Vernetzung mit Raspberry Pi
Die professionellste und nachhaltigste Lösung ist die Realisierung einer Softwarelösung im heimischen Netzwerk. Auch Anfänger ohne Vorkenntnisse können dank leicht verständlicher Anleitungen die benötigte Software installieren und in Betrieb nehmen. Motivation und Freude daran sollte man jedoch mitbringen.
Die Vorteile einer lokalen Software Lösung für das eigene Smart Home liegen dabei ganz klar auf der Hand:
Vorteile:
✓ Hoheit über die eigenen Daten
✓ Beste Verfügbarkeit, da keine Internetabhängigkeit
✓ Nicht angewiesen auf externe Anbieter
✓ Riesige Community und stetige Weiterentwicklung
Nachteile:
✗ Aufwändiger und Wissensaneignung erforderlich
✗ Investition in Raspberry Pi mit Zubehör
Für alle, die sich für das Thema Smart Home und Hausautomatisierung begeistern und etwas mehr möchten als nur den einen mit dem anderen Dienst zu verknüpfen, gibt es wohl kaum eine andere Wahl! Die zentrale Steuerung aller Zentralen muss ins heimische Netzwerk.
Hier bieten sich Einplatinencomputer, sogenannte Single Board Computer (SBC) an. Das sind wahre Rechenkünstler im kleinen Format, kostengünstig und stromsparend.
Am bekanntesten wohl ist der Raspberry Pi 3 b für den es mittlerweile einen Nachfolger in Version 4b gibt. Dieser ist (je nach Version) bereits mit etwas Zubehör wie einer MicroSD Speicherkarte, einem Gehäuse und einem Netzteil ab ca. 70 Euro verfügbar.
Die zu installierende Software ist dabei als kostenlose Open Source Variante verfügbar. Add Ons, Plugins oder besondere Anbindungen können manchmal kostenpflichtig sein.
Wer zuhause bereits eine NAS stehen hat und diese auch über etwas Leistungsreserven verfügt, kann dort auch mittels Docker die Software virtuell zur Verfügung gestellt werden.
Vergleich der lokalen Smart Home Software Lösungen
Am Anfang steht die Qual der Wahl und auch ich habe bereits jedes der hier vorgestellten Systeme mindestens einmal installiert, um es in der Praxis zu probieren.
Eines haben Sie jedoch alle gemeinsam: Die Konfiguration erfolgt bequem über den Browser in einer Administrationsoberfläche, die mit der lokalen IP Adresse und dem Port des Raspberry Pi aufgerufen wird. Aber gerade hier zählt bereits der persönliche Geschmack, denn die Darstellung dieser Oberfläche, das sogenannte UI (= User Interface), unterscheidet sich erheblich bei den einzelnen Softwarelösungen.
Nachfolgende Tabelle bietet einen subjektiven Eindruck über die Unterschiede:
System | ioBroker | Home Assistant | Homebridge | OpenHAB | FHEM |
---|---|---|---|---|---|
Gegründet seit | 2014 | 2013 | 2020 | 2010 | 2005 |
Lizenzmodell | MIT | Open Source | Apache 2.0 | Eclipse Public | GPLv2 |
User-Interface | ★★ | ★★★ | ★★ | ★★★ | ★ |
Systemintegration | ★★★ | ★★ | ★★ | ★ | ★★ |
Automation | ★★★ | ★★★ | ★★ | ★★★ | ★★ |
Visualisierung | ★★★ | ★ | ✗ | ★★ | ✗ |
Smartphone App | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✗ |
URL | iobroker.net | home-assistant.io | homebridge.io | openhab.org | fhem.de |
Die Bandbreite geht vom stabilen Dinosaurier FHEM und dessen gewöhnungsbedürftiger Oberfläche über die Integration von nicht Homekit kompatiblen Systemen mittels Homebridge in den Apple Kosmos hin zu den stylischen Oberflächen von Home Assistant und OpenHAB bis zur eierlegenden Wollmilchsau namens ioBroker.
Welche die beste Lösung für dich und deine Anforderung ist kann man leider nicht pauschal sagen. Am besten ist es, einfach mal zu testen - die Software an sich ist kostenlos.
Kompatibilität der lokalen Smart Home Software Zentralen
Was nützt die beste und am einfachsten bedienbare Zentrale, wenn sie nicht mit den Systemen kompatibel ist, die man im Smart Home eingerichtet hat.
Hierfür bietet die Tabelle eine kleine Übersicht auf die beliebtesten Systeme:
System | ioBroker | Home Assistant | Homebridge | OpenHAB | FHEM |
---|---|---|---|---|---|
Philips Hue | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
Homematic IP AccessPoint | ✓ | ✓ | ✓ | ✗ | ✗ |
Homematic IP CCU | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
Shelly | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
Bosch Smart Home | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✗ |
Netatmo | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
Google Nest | ✗ | ✓ | ✓ | ✓ | ✗ |
Doorbird | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
tado° | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✗ |
Nuki | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
Magenta Smart Home | ✗ | ✗ | ✗ | ✗ | ✗ |
Wenn man das Beleuchtungssystem von Philips Hue nutzt oder sein Zuhause mit einer CCU3 von Homematic steuert, dann lassen sich diese in jede Smart Home Software integrieren. Auch Shelly Aktoren, die Netatmo Wetterkomponenten und auch das Türklingelsystem Doobird mit dem Nuki Schloss sind kein Problem.
Eingeschränkt wird man in seiner Auswahl bereits bei der Heizkörpersteuerung Tadoº, den Google Nest Rauchmeldern, den Systemlösungen von Bosch oder dem HmIP AccessPoint.
Negativ fällt an dieser Stelle Magenta Smart Home auf. Dieser Hersteller lässt sich aufgrund seiner geschlossenen Schnittstellen nirgendwo leicht integrieren.
Installation der Smart Home Software auf dem Raspberry Pi
Die Installation gestaltet sich als sehr einfach in wenigen Schritten. Dabei teilt sich der Prozess in die Vorbereitung der Speicherkarte auf dem Windows Rechner oder Mac und anschließend der Installation der eigentlichen Smart Home Software auf dem gebooteten Raspberry Pi.
Die nachfolgende Anleitung zeigt die Installation am Beispiel von ioBroker. Die Installationsroutinen sind im Regelfall ähnlich, es empfiehlt sich dennoch zunächst die URL der Software zu besuchen.
Manchmal gibt es auch eine Software, in der bereits das Raspberry Pi Betriebssystem integriert ist und man nur eine Installationsroutine aufrufen muss.
1. Micro SD Karte auf dem PC/Mac vorbereiten
Die Micro SD Karte sollte zunächst formatiert werden. Dies funktioniert am einfachsten mit dem SD Card Formatter.
Nachdem man sich das Raspberry Pi OS Lite heruntergeladen hat, bringt man es am einfachsten mit der Software balenaEtcher auf die Micro SD Card.
Da die Micro SD Card danach automatisch ausgeworfen wird, entfernen wir die Speicherkarte aus dem Slot und führen sie erneut ein. Danach sehen wir mit dem Explorer/Finder auf die Karte und duplizieren die Datei "config.txt". Das Duplikat benennen wir “ssh” ohne Dateinamenserweiterung und werfen die SD Karte aus.
2. Raspberry Pi vorbereiten
Nachdem die Speicherkarte nun soweit vorbereitet ist, steckt man diese in den Raspberry PI, schließt das Netzwerkkabel an und gibt dem Minicomputer über das Netzteil nun den Strom zum booten.
Nach wenigen Sekunden sollte das Gerät soweit sein, dass ihm im Netzwerk eine IP zugewiesen wurde. Nun kann über den Router (beispielsweise FRITZ!Box) die IP des Raspberry PI herausgefunden werden. Es empfiehlt sich, in seinem Router festzulegen, dass der Raspberry PI stets eine feste IP erhält. Das erleichtert das Finden des Geräts in Zukunft.
Mit dieser IP öffnet man nun bei Windows die Eingabeaufforderung (Windows und “CMD” eingeben) oder beim Mac die Terminal App.
Zuerst stellen wir eine SSH Verbindung her - hierbei bitte die IP des Raspberry in deinem Netzwerk eintragen:
ssh pi@192.168.0.111
Die Logindaten lauten: User: “pi”, Passwort: “raspberry”
Nach dem erfolgreichen Einloggen aktualisieren wir erstmal das Betriebssystem und geben folgenden Befehl ein:
sudo apt-get update && sudo apt-get upgrade
Das dauert gegebenenfalls ein paar Minuten und anschließend geben wir zur Konfiguration des Betriebssystems folgendes ein:
sudo raspi-config
Wir kommen auf eine grafische Oberfläche. Hier empfiehlt es sich folgendes zu ändern:
Ein anderes Passwort einstellen unter “Change Password”
Die Sprache auf Deutsch einstellen unter “Change locale (de-de UTF8)”
Die Zeitzone auf Mitteleuropa stellen unter “Change timezone (Berlin)”
Und das Dateisystem auf das maximal verfügbare erweitern unter “Expand Filesystem”
Damit ist der Raspberry Pi vorbereitet und man kann die gewünschte Smart Home Software nun installieren.
3. Download und Installation der Smart Home Software
Schlussendlich kommt es darauf an, für welche Software du dich entschieden hast, um dein Smart Home zu installieren. Nachfolgend zeigen wir die die Befehle am Beispiel des ioBroker.
Installation ioBroker auf Raspberry Pi
Folgende Befehlszeilen nacheinander eingeben:
curl -sLf https://deb.nodesource.com/setup_12.x | sudo -E bash -
sudo apt-get install -y nodejs
curl -sLf https://iobroker.net/install.sh | bash -
Nachdem die Installationsroutine durchlaufen ist, kommst du in deinem Webbrowser über die Eingabe der IP deines Endgerätes und dem Port 8081 auf das User Interface – die Konfigurationsoberfläche des ioBroker:
192.168.0.111:8081
Die Installation für die anderen Systeme findest du auf der jeweiligen Seite der Software. Viel Spaß am Vernetzen des eigenen Smart Home!