Spielerisches Lernen in der Grundschule » Kindern aktives Lernen zeigen
Aktualisiert: 19.02.2024 | Lesedauer: 9 Minuten
Die Digitalisierung der Arbeitswelt hat nicht nur Auswirkungen auf die Fähigkeiten, die Erwachsene brauchen. Auch das Lernen von Kindern wird beeinflusst. Denn niemand weiß, was die nächsten Generationen in Zukunft erwartet: Welche Herausforderungen, Innovationen und Lebensweisen werden sich entwickeln?
Neben dem Erwerb von Wissen in den Schulfächern, von klassisch wie Chemie bis modern wie Robotik, gewinnt die Förderung von ganzheitlichen Fähigkeiten und des Selbstvertrauens der Kinder immer mehr an Bedeutung.
Aktives, praxisorientiertes und spielerisches Lernen ist daher auch für den Unterricht in der Schule eine Möglichkeit, um Kinder auf das spätere Leben vorzubereiten und ihnen die nötigen Fertigkeiten an die Hand zu geben.
Interessante Einblicke in dieses Thema gibt die fünfjährige Forschungsinitiative der LEGO Foundation. Im Folgenden möchten wir einige Ergebnisse der Studie vorstellen und zeigen, wie große und kleine Kinder motorische Fähigkeiten sowie kreatives und logisches Denken durch Spiel erlernen und trainieren können.
Spielerisch Lernen in der Grundschule?
Die Studie der LEGO Foundation ergab, dass die MINT-Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik bei Lehrkräften weltweit immer beliebter werden. Aus gutem Grund, denn aufgrund des schnellen Innovationstempos und der Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, beispielsweise durch die zunehmende Digitalisierung, sind diese Schulfächer essentiell. Dies führt zu einem verstärkten Fokus auf didaktische Methoden und auf die Messbarkeit der schulischen Leistungen in diesen Fächern. Den Lehrkräften bleibt so jedoch zu wenig Zeit, um die Entwicklung sozialer, emotionaler, physischer und kreativer Fertigkeiten zu fördern. Doch diese lassen sich sehr gut und einfach mithilfe von Spiel und Spaß herausbilden.
Während Kinder in Kinderkrippe und Kindergarten noch ganz selbstverständlich spielen und sich auf diese Weise ausprobieren und die Welt entdecken, findet das Spiel ab der Grundschule hauptsächlich außerhalb des Unterrichts statt. Obwohl sich doch der positive Effekt auf eine ganzheitliche, kindliche Entwicklung bewährt hat.
Auch die Studie der LEGO Foundation bestätigt dieses Ergebnis: Spielerisches Lernen wird als Unterrichtsmethode für Kinder ab acht Jahren bei einer Umfrage unter Lehrkräften kaum erwähnt. Doch Bildungsforscher weisen genau darauf hin, dass Kinder auf diese Weise bereits in jungen Jahren Lese-, Schreib- und Rechenfähigkeiten sowie soziale, emotionale, physische und kreative Eigenschaften ausbilden. Wie kann spielen den Kindern also bei der Vorbereitung auf ihre spätere Ausbildung und Karriere helfen?
Lernen und spielen werden oft als völlig unterschiedliche Konzepte angesehen. Zu spielen ist eher etwas für kleine Kinder, zu lernen etwas für größere Kinder, da es eine ernste Aufgabe ist. Daher wurde bisher nur wenig Forschung über das Spiel bzw. das spielerische Lernen und seine Vorteile in der Grundschule betrieben. Zudem nutzen viele Lehrkräfte weiterhin summative Methoden der Leistungsbeurteilung, wie Klassenarbeiten, da diese als objektiv bewertbar gelten. Das Spiel hingegen lässt sich aus Sicht vieler Eltern und Lehrkräfte nicht neutral benoten.
In diesem Zusammenhang haben manche Eltern und Lehrkräfte vielleicht ein falsches Bild im Kopf. Das spielerische Lernen ist nicht gleichzusetzen mit dem freien Spielen, bei dem Kinder ihren eigenen Spielideen folgen ohne dass die Erwachsenen eingreifen. Im Spiel zu lernen gelingt durch eine Kombination von kindgerechten, spielerischen Aktivitäten und der Unterstützung durch Lehrkräfte oder leitende Lernziele.
Die LEGO Foundation erarbeitete bereits vor dieser fünfjährigen Studie Merkmale, die diese Art zu lernen kennzeichnet.
Bedeutungsvoll: Vom Bekannten zum Unbekannten
Schüler lernen, wenn sie neue Erfahrungen machen, die auf bereits bekanntem Wissen aufbauen. So können sie Verbindungen herstellen und besser verstehen als beim passiven Konsum im Frontalunterricht. Bedeutungsvoll ist dieser Ansatz, wenn relevante Aufgaben, Fragen oder Probleme die Kinder zum Nachdenken anregen und sie so vom Bekannten zum Unbekannten leiten.
Sozial interaktiv: Gemeinsam lernen in neuem Kontext
Gruppenarbeit ist bereits eine gängige Form des Lernens. Wenn die Lernteams nun Strategien anwenden, die den Nutzen des kooperativen Lernens erhöhen, können Beziehungen zu anderen Menschen aufgebaut und Barrieren aufgelöst werden. So könnte die Gruppe beispielsweise in einer neuen Umgebung oder in einem neuen Kontext eine gemeinsame Aktivität oder ein gemeinsames Experiment durchführen.
Aktiv: Schüler gestalten mit
Alle, die aktiv lernen, zeigen überdurchschnittliche Motivation und Engagement. Oft übertreffen sie sogar die gesetzten Lernziele. Kinder lassen sich beteiligen, indem sie in einem festgelegten Maß über den Inhalt und die Prozesse des Lernens entscheiden dürfen. Zusätzlich hilft es ihnen, wenn sie die Möglichkeit haben tief in ein Thema einzutauchen und gemeinsam mit ihren Mitschülern begreifen und üben.
Iterativ: Aus Versuch und Irrtum lernen
Ideen miteinander zu teilen und ihre Hypothesen durch Versuch und Irrtum zu überprüfen, bringt Kinder schrittweise der Lösung eines Problems näher (iterativ). Natürlich sollten Lehrkräfte hierbei Unterstützung anbieten, beispielsweise durch gezielte Fragen, Hinweise und das Zeigen von Modellen.
Fröhlich: Mit Spaß und Neugier lernen
Schüler haben Spaß am Lernen, wenn sie Interesse oder einen persönlichen Bezug an einem Thema haben, selbst Entscheidungen treffen und die Anforderungen bewältigen können. Außerdem motiviert die Aussicht auf Erfolg bei den gestellten Aufgaben. Neugier entsteht und bleibt erhalten, wenn sie motiviert sind Neues zu erlernen und wissen, dass sie die Herausforderungen mit ihren Mitschülern und Lehrkräften meistern.
Das spielerische Lernen hilft Kindern demnach, ein tiefes, bleibendes Verständnis für Themen zu entwickeln und wichtige Kompetenzen für ihr weiteres Leben in Ausbildung und Beruf zu erlernen. Die LEGO Foundation hat diese Fertigkeiten so definiert:
Physisch
Sensorisch-motorische Fähigkeiten, ein räumliches Verständnis und ein gesunder, aktiver Lebensstil führen zu körperlicher Aktivität und zu einer besseren Beziehung zu Bewegung und Raum.
Emotional
Ein gesundes Selbstvertrauen, die Offenheit für Neues und Durchhaltevermögen bei schwierigen Herausforderungen fördert die Eigenschaften, Emotionen zu verstehen, zu kontrollieren und auszudrücken.
Kreativ
Assoziationen zu schaffen, Ideen zu kommunizieren und Erfahrungen miteinander zu teilen ist ein Teil von Kreativität. Sie hilft, Ideen zu entwickeln, auszudrücken und zu realisieren.
Kognitiv
Wenn man gelernt hat, komplexe Aufgaben zu meistern und erfolgreiche Strategien zur Lösungsfindung zu erarbeiten, begünstigt dies auch kognitive Eigenschaften wie Konzentration, kritisches Denken und Problemlösungen.
Sozial
Ideen teilen, Regeln vereinbaren und ein gesundes Maß an Einfühlungsvermögen tragen dazu bei, mit anderen Menschen gut und gerne zusammenzuarbeiten, zu kommunizieren und andere Meinungen zu akzeptieren.
So fördert man das Spiel der Kinder
Über 50 pädagogische Ansätze wurden von der LEGO Foundation im Rahmen der Studie untersucht, welche als effektive Lernmethoden gelten. Davon wurden acht Konzepte ausgewählt, die in ihrer pädagogischen Ganzheitlichkeit sowohl Schüler- als auch Lehrer-gesteuertes sowie angeleitetes Lernen kombinieren. Außerdem liegen diesen Konzepten die gleichen konstruktivistischen Lerntheorien zugrunde:
Die Forscher der Studie sahen sich die Konzepte im nächsten Schritt genauer an. Sie fanden in den Lernmethoden viele Aspekte des spielerischen Lernens wieder und kamen zu dem Schluss, dass auch dieses Konzept ein ganzheitlicher, effektiver pädagogischer Ansatz ist. Das bedeutet, dass sich Kinder eine breite Palette an Kompetenzen und Fachwissen aneignen können. Zudem haben sie Spaß, zeigen sich engagiert und motiviert, was wiederum die Lernergebnisse deutlich verbessert.
Eine wichtige Basis für den Erfolg der acht Konzepte und dem spielerischen Ansatz ist die sogenannte Lernaktivierung, die aus einer Kombination aus Schüler-, Lehrer-gesteuertem und angeleitetem Lernen besteht. Das heißt, dass sich Schüler und Lehrer gemeinsam und aktiv am Lernprozess beteiligen:
- Lehrer-gesteuert: Lehrkräfte legen Inhalt und Prozess des Lernens fest. Sie geben klare Anweisungen, wo es nötig ist.
- Schüler-gesteuert: Schüler entscheiden selbst über Inhalt und Prozess des Lernens.
- Angeleitet: Lehrkräfte bieten das Grundgerüst für das Lernen und unterstützen ihre Schüler, wenn sie es brauchen.
Jede Art der Lernaktivierung ist für sich genommen weniger wirksam als das Zusammenwirken der drei Arten. So sieht es auch das Victorian Early Years Learning an Development Framework, in dem eine Dreifachhelix diese drei Methoden verbindet.
Grund für den Erfolg der kombinierten Lernaktivierung ist, dass die Schüler selbst entscheiden, was und wie sie sich Wissen und Kompetenzen aneignen. Aber sie können jederzeit Fragen stellen, ihre Meinung äußern und sie bekommen von den Lehrkräften Ressourcen, Ratschläge und Zeit für die Korrektur von Fehlern.
Gut zu wissen:
Das spielerische Lernen basiert auf den gleichen Lerntheorien wie andere pädagogische Ansätze. Ein Kern des Konzepts ist das partnerschaftliche Zusammenarbeiten von Lehrenden und Lernenden, damit sie Fachwissen und Kompetenzen gemeinsam entwickeln und vertiefen können. Kreativität, Interaktion, Experimente und Freude am Lernen werden durch die passende Lernumgebung gefördert.
Doch wie funktioniert die Leistungsbeurteilung?
Zusammengefasst lässt sich sagen:
- Spielerisches Lernen gibt den Raum und die Zeit, damit Schüler Themen, besonders in den MINT-Fächern, umfassend entdecken.
- Die besten Lernerfolge lassen sich durch eine Kombination aus pädagogischen Konzepten und der Nutzung von praktischen und theoretischen Lernphasen erzielen.
- Schüler sind motiviert, wenn sie aktiv mitarbeiten, beispielsweise in Teams oder in praktischen Übungen.
Die genannten Ansätze dienen nicht nur dem Wissenserwerb, sondern vermitteln viele weitere Kompetenzen, die für Alltag und Beruf von Vorteil sind.
Deshalb sollte auch in die Benotung einfließen, wie die Schüler ihr Wissen und ihre Kompetenzen in unterschiedlichen Kontexten anwenden können.
Momentan wird allerdings nur das kognitive Handeln beurteilt, während emotionale, soziale, kreative und physische Aspekte unbeachtet bleiben.
In diesem Zusammenhang nennt die LEGO Foundation drei Dimensionen der Leistungsbeurteilung, welche sich Pädagogen näher ansehen sollten:
1. Intellectually ambitous performance assessment: Individuelle und gleichzeitig ambitionierte Leistungsbewertung des individuellen Intellekts.
2. Bewertungsinstrumente, Richtlinien und Rubriken, die den Schülern erklärt oder mit ihnen entwickelt werden.
3. Formative Beurteilung während der Projektgestaltung und Projektentwicklung in Form von Feedback.
Ideen für zukünftige Forschungen
Die Studie der LEGO Foundation trägt einen wichtigen Teil dazu bei, die Merkmale und Potenziale des spielerischen Ansatzes zu erklären und als Unterrichtsform für Grundschulen hervorzuheben. Dabei lässt sie noch genügend Raum für weitere Forschungsarbeiten. Beispielsweise zu neuen Bewertungsmöglichkeiten von nicht-kognitiven Fähigkeiten, Integrationsmöglichkeiten im Unterricht oder dem sinnvollen Einsatz von digitalen Technologien.
Fazit zum spielerischen Lernen
Der schnelle technologische Wandel lässt den reinen Wissenserwerb in der Zukunft weniger wichtig werden, da man zu jeder Zeit und überall Informationen abrufen kann. Gleichzeitig gewinnen andere Kompetenzen und ein gesundes Selbstvertrauen an Bedeutung, um sich auch an neue Dinge mit einer positiven Einstellung heranzuwagen. Um Schüler auf solche Aufgaben vorzubereiten, ist das aktive, praxisorientierte und spielerische Lernen eine wunderbare Methode. So werden sie in Zukunft erfolgreich durchs Leben gehen.
Den gesamten Bericht inklusive aller Quellenangaben finden Sie unter LEGOfoundation.com/schoolslearnthroughplay.
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