Single Creditor: Vorteile der Kreditorenkonsolidierung
Aktualisiert: 28.10.2025 | Lesedauer: 6 Minuten
Die Beschaffung von C-Teilen und technischem Betriebsbedarf ist in vielen Unternehmen ein komplexer und kostenintensiver Prozess. Oftmals müssen Einkäufer eine Vielzahl von Lieferanten und Herstellern verwalten, was zu einem hohen administrativen Aufwand führt. Die Kreditorenkonsolidierung ist eine der zentralen Strategien im E-Procurement (elektronische Beschaffung), um diese Prozesskosten zu senken. Der gesamte Beschaffungsprozess wird durch diese Maßnahme optimiert.
Das Single Creditor Modell (zu Deutsch: Einzelgläubiger-Modell) stellt in diesem Kontext eine strategische Lösung im B2B-Umfeld dar. Es verspricht, die Anzahl der Zahlungsempfänger drastisch zu reduzieren, unabhängig davon, wie viele einzelne Lieferanten tatsächlich die Ware versenden. Wir erklären Ihnen, was genau unter diesem Modell zu verstehen ist, welche Vorteile es bietet, welche regulatorischen Aspekte dabei beachtet werden müssen und wie Unternehmen ihren Einkauf effizienter gestalten können, ohne dabei unnötige Risiken einzugehen.
Das Wichtigste in Kürze (Executive Summary)
Das Single Creditor Modell ist ein etabliertes finanzwirtschaftliches Konzept im E-Procurement, das auf Kreditorenkonsolidierung abzielt: die Reduzierung aller Rechnungssteller auf eine einzige zentrale Instanz zur Senkung administrativer Prozesskosten. Im Gegensatz zur Lieferantenkonsolidierung fokussiert dieses Modell nicht die physischen Bezugsquellen, sondern die Abrechnung. Anbieter von Konsolidierungsleistungen laufen bei zentralisierter Rechnungsabwicklung Gefahr, als Single Creditor eingestuft zu werden, was die regulatorische Gefahr einer Fehleinstufung als Finanzdienstleister (BaFin) birgt. Unabhängig von diesem Risiko setzen viele Kunden zur Kostenersparnis auf Prozess- und Sourcing-Konsolidierungslösungen wie Conrad One Source, da diese primär die gewünschten administrativen Vorteile der Bündelung bieten.
Das Single Creditor Modell beschreibt einen Ansatz im Beschaffungsmanagement, bei dem ein Unternehmen eine Vielzahl von Produkten und Dienstleistungen von zahlreichen unterschiedlichen Lieferanten (Sellern) bezieht, aber die Rechnungsstellung und Bezahlung über eine einzige zentrale Stelle abgewickelt wird. Ziel dieses Modells ist es, die Komplexität und die Kosten in der Buchhaltung und im administrativen Einkaufsprozess auf ein Minimum zu reduzieren.
In der Praxis funktioniert dieses Modell, indem ein zentraler Beschaffungspartner die Bestellungen bündelt, die Zahlungen an die eigentlichen Lieferanten übernimmt und dem einkaufenden Unternehmen – dem Debitor – am Ende nur eine einzige konsolidierte Rechnung präsentiert. Die Abwicklung sämtlicher Lieferungen und damit die Verbindlichkeiten des Kunden beschränkt sich somit auf einen einzigen Gläubiger (Kreditor) für eine potenziell unbegrenzte Anzahl von Warenlieferanten.
Rolle und Funktion des Single Creditors
Das Single Creditor Modell ist ein zentralisiertes Beschaffungskonzept, bei dem ein Unternehmen Produkte oder Dienstleistungen von vielen verschiedenen Anbietern bezieht, jedoch nur einen zentralen Anbieter als einzigen Kreditor im eigenen Buchhaltungssystem führt.
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Rolle des Single Creditors: Der zentrale Anbieter tritt rechtlich als Hauptgläubiger und Rechnungssteller auf. Er kauft die Ware von den Dritten (dem eigentlichen Versender) und verkauft sie im eigenen Namen an den Endkunden weiter (sogenanntes echtes Streckengeschäft).
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Wesentlicher Vorteil: Der Kunde muss in der Kreditorenbuchhaltung nur einen Lieferantenstamm pflegen, ungeachtet der tatsächlichen Vielfalt der bezogenen Produkte.
Wichtiger Hinweis zur Rechtslage:
Die Rolle des Single Creditors als zentraler Finanzabwickler für Dritte kann in manchen Ausgestaltungen eine erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung (z.B. Zahlungsdienst oder Factoring) darstellen und erfordert dann eine entsprechende Regulierung, beispielsweise durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Unternehmen müssen die nationalen regulatorischen Vorgaben (z. B. das Kreditwesengesetz (KWG)) genau prüfen und einhalten, um das Risiko einer Fehleinstufung als Finanzdienstleister zu vermeiden.
Um die Funktionalität einer Single-Creditor-Lösung besser verstehen zu können, muss man sich die Herausforderungen im unternehmerischen Einkauf vor Augen führen. Einkäufer haben die Aufgabe, alle vom Betrieb benötigten Waren und Dienstleistungen zu beschaffen, die sich in strategische (z.B. Maschinen) und operative (z.B. Werkzeuge, Ersatzteile) Betriebsmittel unterteilen lassen.
Während sich der strategische Betriebsbedarf im Vorfeld gut planen lässt, müssen operative und technische Betriebsmittel oftmals kurzfristig und schnell vom Einkäufer besorgt werden. Doch das ist nicht der einzige Unterschied.
Strategischer vs. Operativer Bedarf
Der strategische Betriebsbedarf macht im Durchschnitt zwar etwa 80% des gesamten Einkaufsvolumens (€) aus, die Anzahl der Lieferanten (Kreditoren) ist mit ca. 20% allerdings recht überschaubar.
Anders verhält es sich beim Technischen Betriebsbedarf (MRO-Artikel): Wenn eine Vielzahl an unterschiedlichen C-Teilen, Werkzeugen oder Ersatzteilen benötigt wird, ist auch die Anzahl der Lieferanten (Kreditoren) zwangsläufig sehr hoch. Selbst wenn das Einkaufsvolumen in diesem Bereich lediglich 20% des Gesamtvolumens beträgt, sind hier die meisten Kreditoren (ca. 80%) zu finden.
Die Schere von Volumen und Ressourcenbindung
Die hohe Anzahl an Kreditoren bindet bis zu 80% der administrativen Ressourcen, da jeder Lieferant einzeln im System angelegt, verwaltet und abgerechnet werden muss. Das Single Creditor Modell ist eine direkte Antwort auf diesen hohen Prozesskostenanteil, der durch die Dezentralität im C-Teile-Einkauf entsteht.
1. Reduzierter administrativer Aufwand
Der größte Vorteil liegt in der massiven Reduzierung der Prozesskosten. Anstatt Hunderte oder Tausende von Lieferantenkonten im System anlegen, pflegen und verwalten zu müssen, reduziert sich dieser Aufwand auf die Pflege einer einzigen Kreditor-Beziehung. Dies entlastet die Abteilungen Einkauf, Buchhaltung und Kreditorenbuchhaltung signifikant. Die drastisch reduzierte Anzahl offener Posten und Rechnungen ermöglicht zudem eine schnellere Monats- oder Jahresabschlusserstellung.
2. Vereinfachte Lieferantenbeziehungen
Durch die Konzentration auf einen zentralen Beschaffungspartner werden die Verhandlungen und Vertragsabschlüsse stark vereinfacht und optimiert. Der gesamte Kommunikations- und Verhandlungsaufwand mit den ursprünglichen zahlreichen Lieferanten entfällt. Dies führt zu einer deutlichen Zeit- und Ressourcenersparnis und ermöglicht es Ihren Einkäufern, sich auf strategisch wichtigere und wertschöpfendere Aufgaben zu konzentrieren.
3. Klare Übersicht und verbesserte Analyse
Die Konsolidierung der Rechnungen durch einen zentralen Partner schafft eine viel bessere Datenbasis für die Spend-Analyse. Die Gesamtausgaben für den technischen Betriebsbedarf sind nicht mehr über zahlreiche Systeme verteilt, sondern können über eine einzige Quelle transparent nachverfolgt und analysiert werden. Dies ist die notwendige Grundlage für die Optimierung der Beschaffungsstrategien.
4. Verbesserte strategische Einkaufskonditionen
Durch die Bündelung des gesamten Volumens des technischen Betriebsbedarfs bei einem zentralen Beschaffungspartner steigt Ihre Einkaufsmacht. Die Notwendigkeit langwieriger Verhandlungen über Mindestbestellmengen (MOQs), Rabatte und individuelle Umsatzziele mit zahlreichen Einzelvertretern entfällt somit. Das konzentrierte Volumen ermöglicht oft bessere Konditionen als die Summe vieler dezentraler Bestellungen.
Das Konzept der Kreditorenkonsolidierung ist besonders relevant für alle Unternehmen, Behörden und Organisationen mit hohem operativen (indirekten) Beschaffungsbedarf.
Typischerweise sind dies Organisationen, die:
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Eine sehr hohe Anzahl von Lieferanten im C-Teile-Bereich verwalten.
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Ihr Einkaufsvolumen effizienter gestalten und dabei Prozesskosten senken wollen.
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Ihre internen Systeme verschlanken und die Digitalisierung ihrer elektronischen Beschaffungsprozesse (E-Procurement) vorantreiben möchten.
Conrad One Source: Ihre Lösung zur Beschaffungskonsolidierung
In diesem Ratgeber haben wir die strategischen Vorteile des Single Creditor Modells beleuchtet. Mit Conrad One Source bieten wir unseren Kunden eine dezidierte Lösung zur Bezugsquellenkonsolidierung im B2B-Einkauf, deren Vorteile in puncto Prozesseffizienz denen dieses Modells ähneln.
Ziel ist es, die Beschaffung Ihres gesamten technischen Bedarfs maximal zu vereinfachen und Ihren administrativen Aufwand auf ein Minimum zu reduzieren.
Wichtig: Conrad One Source ist keine Single Creditor Lösung im engen rechtlichen Sinne.
Unser Fokus liegt stattdessen auf der Prozess- und Sourcing-Konsolidierung. Dies ermöglicht Ihnen, die rechtliche Komplexität des klassischen Finanzmodells zu vermeiden, während Sie von folgenden Vorteilen profitieren:
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Eine Bestellplattform: Konsolidierung des gesamten technischen Bedarfs über eine Bestellquelle.
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Eine technische Anbindung: Eine einzige technische Schnittstelle (z. B. OCI/Punchout) statt vieler einzelner Lieferantenanbindungen.
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Effizientere Abrechnung: Massiver Abbau des administrativen Aufwands in der Kreditorenbuchhaltung durch effizientere Abrechnung.
>> So vereinfacht Conrad One Source den Abrechnungsprozess
Conrad Electronic agiert als zentraler Ansprechpartner für alle Bestellungen über die Conrad Sourcing Plattform, auch für Produkte von Marketplace-Sellern. Um Conrad One Source nutzen zu können, benötigen Sie ein ERP-System mit OCI-Anbindung oder Sie nutzen die Conrad Smart Procure-Lösung (CSP) für Ihr betriebsinternes Warenbeschaffungssystem. Nach erfolgreicher Anbindung haben Sie den vollen Zugriff auf das gesamte Produktangebot der Conrad Sourcing Plattform.
4. Bezahlvorgang
Die gesamte Zahlungsabwicklung für alle Bestellungen wird von Conrad gesteuert und zentral abgewickelt. Auch bei eventuellen Rücklieferungen und den damit verbundenen Gutschriften ist immer Conrad Electronic Ihr zentraler Ansprechpartner für alle Serviceanfragen und administrativen Prozesse.
Selbst bei eventuellen Rücklieferungen von bestellter Ware und den damit verbundenen Gutschriften ist immer Conrad Electronic Ihr Ansprechpartner.
FAQ – Häufig gestellte Fragen zum Single Creditor Modell
Was ist der Unterschied zwischen Single Creditor und Single Source?
Single Source (Einzelquelle) bedeutet, dass ein Produkt nur von einem einzigen Lieferanten bezogen wird. Das Single Creditor Modell hingegen bezieht sich auf die finanzielle Abwicklung: Die Produkte können von vielen Lieferanten stammen, aber die Rechnungen werden durch eine zentrale Instanz konsolidiert.
Was versteht man unter Kreditorenkonsolidierung?
Die Kreditorenkonsolidierung ist eine strategische Maßnahme aus dem Rechnungswesen und der Finanzwelt. Sie zielt darauf ab, die Anzahl der Gläubiger (Kreditoren), mit denen ein Unternehmen Geschäfte tätigt, durch Bündelung oder Zentralisierung auf ein Minimum zu reduzieren, um den Verwaltungsaufwand und die Anzahl offener Verbindlichkeiten zu senken.
Im Gegensatz dazu ist die Lieferantenkonsolidierung (Supplier Consolidation) ein Begriff aus dem strategischen Einkauf und dem Supply Chain Management. Sie bedeutet die aktive Verringerung der Anzahl der physischen Lieferanten (Sourcing-Partner), um das Einkaufsvolumen zu bündeln und die Verhandlungsmacht zu erhöhen.
Ist Conrad One Source eine Single Creditor Lösung?
Nein, Conrad One Source ist keine Single Creditor Lösung, sondern eine fortschrittliche E-Procurement-Lösung zur umfassenden Konsolidierung des Beschaffungsprozesses (Sourcing- und Prozesskonsolidierung). Wir konzentrieren uns darauf, Ihnen die administrativen Vorteile dieses Modells zu bieten: eine Bestellquelle für Ihren gesamten Bedarf und eine massive Reduzierung der Schnittstellen im ERP-System für maximale Prozesseffizienz im Einkauf.
Kann das Single Creditor Modell im Marktplatz-Geschäft angewendet werden?
Jein. Das Modell wird oft im Hinblick auf die Bestellabwicklung und Prozesskonsolidierung angewendet: Der Kunde bestellt zentral über eine Plattform, was administrativ entlastet. Aber: Das Kernversprechen des reinen Single Creditors – nur ein buchhalterischer Gläubiger – wird im Marktplatz-Geschäft oft nicht erfüllt, da der Seller Rechnungssteller bleibt und die Zahlungsflüsse über Dritte (PSPs) laufen. Aufgrund dieser faktischen Unschärfe konzentrieren sich Anbieter strategisch auf die Prozesskonsolidierung.